Die Die Welt des Saufens ist eine Welt voller Mythen, Halbwissen und Privatempirie. Es gibt die praktischen Trinkanleitungen: immer ein Glas Wasser vor dem Schlafen, vorher fettig essen, bloss keinen Strohhalm benutzen. Dann die Volksweisheiten: Red' was wahr ist, iss' was gar ist, trink' was klar ist. Flüssig Brot macht Wangen rot. Ganz wichtig aber scheint als Saufcredo zu sein: niemals durcheinander und schon gar nicht Bier auf Wein trinken. Denn: "Wein auf Bier, das rat' ich dir. Bier auf Wein, das lass sein."
Abgesehen davon, dass du am Ende der Party sowieso noch den warmen Eierlikör trinkst, der seit einem Jahr halbvoll im Regal steht. Die Reihenfolge, in der du dein Pils oder Grauburgunder trinkst, scheint gefühlt völlig egal zu sein. Der Kater kommt sowieso. Und er wird, noch so eine Weisheit, mit jedem Lebensjahr schlimmer.
Dass die Reihenfolge von Wein und Bier aber wirklich überhaupt keine Rolle spielt, haben jetzt Forscher der Universitäten von Cambridge und Witten/Herdecke in einer Studie bestätigt. Sie haben 90 Männer und Frauen im Alter zwischen 19 und 40 Jahren unter Laborbedingungen an den Tresen geschickt und die Ausfälle – und in einigen Fällen auch Auswürfe – untersucht.
Zunächst teilten sie die 90 Studienteilnehmer und Teilnehmerinnen in drei Gruppen ein. Die Voraussetzungen waren: alle sollten gerne Bier und Wein trinken. Und die Gruppen sollten sich insgesamt in Bezug auf Geschlecht, Körpergrösse und Gewicht ähneln.
Nach fünf grossen Bier war Schluss
Die Forscher testeten an zwei Abenden mit einer Woche Abstand. Die erste Gruppe trank am ersten Abend Bier, bis alle Teilnehmer etwa 0,5 Promille hatten. Dann stiegen sie auf Weisswein um, bis ihr Pegel bei 1,1 Promille lag. Ab dem Wert folgt das sogenannte Rauschstadium, in dem es zur Verschlechterung des Sehvermögens und Schwindel kommen kann. In der zweiten Woche lief es dann andersrum. Die zweite Gruppe trank zunächst Wein und dann Bier, und am zweiten Versuchsabend dann in anderer Reihenfolge. Die dritte Gruppe diente der Kontrolle: Die Teilnehmerinnen tranken am ersten Abend ausschliesslich Bier und am zweiten ausschliesslich Wein.
Um auf 1,1 Promille zu kommen, benötigten die Probanden durchschnittlich etwa 1,3 Liter Bier und 0,7 Liter Wein. Die Kontrollgruppe musste etwa 1,8 Liter Bier trinken, also etwa fünf grosse Gläser oder, in Berliner Masseinheiten, fünf Sterni. Eigentlich hatten die Forscher geplant, die Leute bis 1,8 Promille trinken zu lassen. Sie waren dann aber froh, dass sie sich für einen niedrigeren Wert entschieden hatten. "Schon so mussten sich einige Teilnehmer übergeben", sagte der deutsche Arzt Kai Hensel, der an der Studie beteiligt war, im Gespräch mit Spiegel Online .
Die Rahmenbedingungen waren strikt. Die Probanden übernachteten an den Testabenden in einem Hostel nahe der Universität, mussten zur selben Zeit ins Bett und zur selben Zeit aufstehen. Sie bekamen vor dem Test eine an ihr Körpergewicht angepasste Ladung Pasta und vor dem Schlafengehen eine entsprechende Menge Wasser. Im Befindlichkeitstest am nächsten Morgen mussten alle mitteilen, wie müde sie sind, ob ihnen schwindlig ist, ob sie Übelkeit oder Herzrasen verspüren. Zusätzlich werteten die die Forscher ihre Blut- und Urinproben aus.
Teilnehmer wollten sich in die Trinkergruppe schmuggeln
Das Ergebnis ist, nun ja, ernüchternd: Die Wissenschaftler konnten keinen Unterschied im Befinden der Teilnehmer feststellen. Ganz gleich, ob die Probanden zunächst Wein und dann Bier, erst Bier und dann Wein oder sich mit Bier oder Wein auf 1,1 Promille tranken – die Anzahl der Teilnehmer, denen es am nächsten Tag nach eigenen Aussagen dreckig ging, war ungefähr gleich.
"Die Wahrheit ist, dass das Trinken von zu viel Alkohol zu einem Kater führt – egal welcher Alkohol es ist", sagt der Studienleiter Jöran Köchling als Fazit gegenüber dem Guardian. Gleichzeitig wiesen die Forscher aber auch darauf hin, dass die persönliche Alkoholtoleranz in jedem Fall eine Rolle spielt. Manche Menschen vertrügen manche Getränke besser als andere. Ausserdem tranken die Leute nur Weisswein, und keinen Rotwein. Die Brauerei Carlsberg sponserte das Bier, hatte aber keinen Einfluss auf die Studie.
Ursprünglich sollte eine weitere Kontrollgruppe ausschliesslich alkoholfreies Bier und Wein trinken. Doch diese Gruppe war nach Angaben der Forscher unmöglich zu kontrollieren, weil die Teilnehmer und Teilnehmerinnen schon vorab "Unzufriedenheit äusserten", nicht zur trinkenden Gruppe zu gehören. In einem Pilottest sollen einzelne Teilnehmer versucht haben, heimlich zu den Trinkern überzulaufen, heisst es in der Studie. Die zweite Kontrollgruppe wurde schliesslich komplett gestrichen.
Wir wussten es eh – aber jetzt ist es wissenschaftlich bestätigt: Bier oder Wein, alles darf rein, und zwar egal in welcher Reihenfolge. Also jedenfalls dann, wenn du sowieso mit einem Kater am nächsten Tag rechnest.
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